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Propädeutikum

Propädeutikum in Bamberg und Passau - eine Glaubens- und Lebensschule für Priesterkandidaten der Kirchenprovinzen von München und Freising und Bamberg sowie der fünf ostdeutschen Bistümer.

Unter einem Propädeutikum (aus griech. προ: vorher, für und παιδευω: erziehen, unterrichten) ist ein Vorkurs zu verstehen, der eine Vorbildung vermittelt, auf die ein wissenschaftliches Studium aufbauen kann.

Solche Bemühungen um ein Propädeutikum hat es immer schon gegeben. Klemens von Alexandrien und Origenes sahen in der griechischen Philosophie eine Propädeutik für die christliche Theologie. An den theologischen Fakultäten selbst haben sich „Historische und biblische Einführungen“ und „Theologische Grundkurse“ etabliert.

In der Priesterausbildung sind in der propädeutischen Phase vor dem Beginn des Theologiestudiums allgemeine geistliche und theologische Einführungen nicht mehr wegzudenken. Vermehrt sind Sprachkurse zu absolvieren, um die Studienvoraussetzungen für das Studium der Theologie zu erfüllen. Aus diesen Gründen hat sich das Propädeutikum zum integrierten Bestandteil der Priesterausbildung entwickelt.


Grundanliegen

Zum September 2008 wird in allen bayerischen und den fünf ostdeutschen Diözesen für alle, die Priester werden wollen, eine propädeutische Ausbildungsphase verbindlich eingeführt. Ein Propädeutikum gibt es bereits in vielen Diözesen Deutschlands und ist von der Gesamtkirche für die Priesterbildung vorgesehen. Mit diesem Beschluss der bayerischen Bischöfe auf der Herbstvollversammlung 2007 in Freising antworten sie auf die gestiegenen Anforderungen an die Priester im 21. Jahrhundert mit einer Qualitätssicherung und Optimierung der Priesterausbildung.

Durch diese Investition in eine gediegene und umfassende Grundausbildung soll der komplexer gewordenen Situation der Gesellschaft und der Seelsorger Rechnung getragen werden. „Glaubens-, Lebens- und Sprachenschule“ heißen die Stichworte, die das Ausbildungskonzept des bayerischen Propädeutikums umfassen.

Die Einübung der geistlichen Grundvollzüge, ein sozialpraktischer Einsatz, das Kennen- und Liebenlernen des kirchlichen Lebens und geistlichen Dienstes sowie das Absolvieren der für das Studium notwendigen Sprachen (Latein, Griechisch und Hebräisch) gehören dazu. Den individuellen Voraussetzungen und Vorbildungen der angehenden Priesterkandidaten soll im Propädeutikum Rechnung getragen werden. Das Propädeutikum wird von einem Direktor geleitet – aktuell der jeweilige Regens von Bamberg und Passau. Ihm zur Seite steht ein zweiter Priester für die geistliche Ausbildung und Begleitung.


Ziele

In der Rahmenordnung für die Priesterbildung (Die Deutschen Bischöfe 73, 2003, 32-35) ist für alle Männer, die sich für den Beruf des Weltpriesters entschieden haben, eine propädeutische Phase vor dem Studium und zu Beginn der Ausbildung im Priesterseminar vorgesehen. 

Als Ziele des Propädeutikums werden genannt:

– ein umfassenderes Verständnis der Identität des Priestertums vermitteln, auch im Blick auf den Priester als Lehrer des Glaubens

– eine Glaubensvertiefung und Einführung in das geistliche Leben ermöglichen

– eine praktische Einübung in das Gemeinschaftsleben

– eine Reflexion der eigenen Biographie und Vertiefung der Motivation.

Beim Ad-Limina-Besuch der deutschen Bischöfe in Rom 2006 hat Papst Benedikt XVI. das gesamte Propädeutikum ausdrücklich begrüßt und als weiteres Ziel hinzugefügt:

– die alten Sprachen erlernen.


Glaubensschule

Das Propädeutikum soll den Priesterkandidaten Gelegenheit geben, den persönlichen Glauben existenziell zu vertiefen und den Reichtum kirchlicher Glaubensformen und -inhalte zu entdecken. Das Einüben und Feiern der Liturgie spielt eine wichtige Rolle. Bevor mit dem Theologiestudium die wissenschaftliche Glaubensreflexion beginnt, ist es hilfreich, sich zunächst des eigenen Gottesbildes zu vergewissern und das persönliche Kirchen- und Priesterbild zu klären.

Die elementaren Vollzüge eines geistlichen Lebens werden im Rhythmus des Kirchenjahres eingeübt. Zum Lehrplan des Propädeutikums gehört es auch, im Laufe eines Jahres die Bibel zu lesen und zu meditieren. Während eines mehrwöchigen Studienaufenthaltes im Heiligen Land können markante biblische Erzählungen an Ort und Stelle lebendig werden. Gerade die Verbindung zwischen Glaubenswissen und Glaubenspraxis wird eine wichtige Voraussetzung für das folgende Studium und den späteren Dienst als Seelsorger sein.


Lebensschule

Durch einen regelmäßigen und qualifizierten Praxiseinsatz in sozial-caritativen Berufsfeldern bieten sich den Priesterkandidaten Gelegenheiten, Verfügbarkeit, Dienstbereitschaft und die diakonische Haltung der Nächstenliebe und des Hirtendienstes als elementare Aufgaben des priesterlichen Dienstes in die Tat umzusetzen. Praktische Ausbildungselemente wie Stimmbildung und kirchenmusikalische Ausbildung kommen hinzu. Das Zusammenleben im gleichen Haus soll mitverantwortlich gestaltet und die soziale Kompetenz gefördert werden.


Sprachenschule

Da für das Theologiestudium Kenntnisse in den drei alten Sprachen erforderlich sind und viele Neueinsteiger Latein, Altgriechisch und Hebräisch an der Universität nachlernen müssen, werden die Propädeutiker für zwei alte Sprachen die für den Diplomstudiengang geforderten Sprachenkenntnisse bereits in diesem Vorkurs erwerben können. Damit kann das Grundstudium wesentlich entlastet und wieder ganz den philosophischen und theologischen Studien gewidmet werden. Wer bereits Latein und Griechisch absolviert hat, kann Hebräisch erlernen und Grundkenntnisse in einer modernen Fremdsprache erwerben.

Ein ganzheitliches Lernmodell

Die Anhäufung von Einzel- und Spezialwissen prägt in der Regel den schulischen und akademischen Alltag. Leider ist das Ergebnis nicht gerade nachhaltig. Längst hat man erkannt, dass Verschulung zwar kurzzeitig zur Wissensanhäufung führt, aber dem konkreten Leben nur in völlig unzureichender Weise dient. Nicht das reproduzierte Wissen trägt, sondern das reflektierte und in ganzheitlicher Weise erschlossene. Deswegen geht das Propädeutikum nicht den Weg des mechanistischen Denkens und zusammenhanglosen Nebeneinanders. Im Gegenteil!

Das zugrunde liegende Lernmodell des Propädeutikums setzt ganz auf organische Lernprozesse. Wie die Natur aus ganzheitlichen Lebensgebilden besteht, die nur im ökologischen Gleichgewicht gesund sind, zeichnet auch den Menschen eine sehr komplexe Seinsstruktur aus. Gegen alle einseitigen Lernformen setzt ganzheitliches Lernen genau hier an. Es geht um die Verbindung von Theorie und Praxis, Glaube und Wissen, das Miteinander von Leben und Studieren, Kennen und Einüben, die Ergänzung des Arbeitens durch Beten und Feiern sowie klassischen Unterricht und lebensnahe Exkursionen. Diese innere Balance macht den Reiz des Propädeutikums aus.

Auf den Spuren Jesu

Ein exemplarisches Lernfeld für diese Verbindung von Glauben und Wissen bietet eine mehrwöchige Exkursion ins Heilige Land. Es ist eine Bibelschule ganz eigener Art, wenn man wie die Jünger damals im Land der Bibel auf den Spuren Jesu unterwegs sein kann. Originalschauplätze und das, was heute noch davon geblieben ist, lassen die Lebensbedingungen der ersten Christen besser erahnen als Bildbände und DVDs. Wenn Ausgrabungen von alten Kulturen erzählen und Begegnungen mit Juden und Moslems, mit Orthodoxen und Kopten Religionen mit konkreten Gesichtern verbinden, wird Glaube lebendig.

Selbstversorgung in einfachen Quartieren kann leicht in Kauf genommen werden, weil der Reichtum an Erfahrung und die Lebens-, Glaubens- und Gebetsgemeinschaft alle Anstrengung aufwiegt. In dieser Bibelschule soll nicht nur die Bibel gelesen, sondern auch in regelmäßigen Austauschrunden reflektiert werden. Selbst erarbeitete Kurzreferate geben darüber hinaus spezifische Einblicke.

Kooperation

Das Propädeutikum setzt auf Kooperation. Die Neuanfänger werden regional den beiden Propädeutikumsstandorten Bamberg und Passau zugeteilt. Der Kontakt zum Heimatbistum wird durch regionale Einführungstage und Bistumsbesuche, Mitfeier der Karwoche in den Heimatbistümern und regionale Feste und Bräuche gepflegt.

Standort Bamberg Erzbistum Bamberg mit den Bistümern Eichstätt, Würzburg und Speyer sowie Bistum Erfurt mit den zum Regionalseminar gehörenden Priesterkandidaten aus dem Erzbistum Berlin und den Bistümern Dresden-Meißen, Magdeburg und Görlitz

Standort Passau Erzbistum München und Freising mit den Bistümern Augsburg, Passau und Regensburg

Aufnahme und Anmeldung

Vor der Aufnahme eines Priesterkandidaten ins Propädeutikum ist ein Erstkontakt mit dem Regens des Heimatseminars erforderlich. Sobald dieser die grundsätzliche Eignung des Interessenten festgestellt hat und das Aufnahmeverfahren positiv verlaufen ist, kann ein Besuch am entsprechenden Propädeutikumsstandort vereinbart werden. Eine Anmeldung zum Propädeutikum erfolgt über den Heimatregens. Alle notwendigen Auskünfte über Bedeutung und Verlauf des Propädeutikums sind beim Heimatregens bzw. Regens des Regionalseminars erhältlich.

Information

  • Ferienordnung: Weitgehend an die Ferienordnung der Schulen in Bayern angepasst.
  • Wochenendregelung: 2 Präsenzwochenenden pro Monat.
  • Sozialpraktikum: Regelmäßige Arbeitseinsätze in sozial-caritativen Einrichtungen.
  • Versicherung: Während des Propädeutikums können die Priesterkandidaten bei ihren Eltern mitversichert bleiben. Ansonsten sind die erforderlichen Sozialversicherungsbeiträge in Eigenleistung zu erbringen. Für Auszubildende sind Sondertarife möglich.
  • Kosten: Die Kosten für Übernachtung, Verpflegung und Ausbildung werden übernommen. Lediglich für Exkursionen wird eine Eigenbeteiligung erwartet. BaFöG und Studienförderungen sind für die Dauer des Propädeutikums nicht möglich, da eine Einschreibung in einer Fakultät erst mit Studienbeginn erfolgt. Bei Bedarf sind PWB-Darlehen möglich.
  • Leitung: Regenten von Bamberg und Passau
  • Ausbilder: Direktor, Spiritual, Fachreferenten, Sprachlehrer, Stimmbildner, Kirchenmusiker, Honorarkräfte.